wir, Lucia Gajdosova und Jana Schwierske, haben einen 150 stündigen Kurs absolviert, um integrative Kinder betreuen zu dürfen. Dieses Konzept soll Ihnen einen Einblick in unseren Alltag und in unser Handeln, sowie unsere Vorsätze geben und erklären, wie wir Inklusion verstehen und leben.
Unsere Stärken sind eindeutig die vollkommene und absolute Wertschätzung des Lebens und jedes Menschen. Deshalb ist uns Zuverlässigkeit, Geduld und Verantwortungsbewusstsein ausgesprochen wichtig. Wir sind vorurteilsfrei und offen. Wir möchten unseren Schützlingen Lebensfreude vermitteln, aber auch die Gabe, selbstkritisch zu sein und einen offenen Geist und Toleranz gegenüber Menschen und Gedanken zu entwickeln.
Wir empfinden es genauso wie der Pädagoge und Begründer des Kindergartens, Friedrich Wilhelm August Fröbel (1782-1852), der sagte: „Alle Erziehung muss doppelseitig sein. Sie muss das Kind führen und wachsen lassen. Sie muss gebend und nehmend, bestimmend und freigebend, fest und beweglich sein.“
Wir haben immer ein offenes Ohr für Sie als Eltern und freuen uns stets über Ihr Feedback. Sie können sich gerne mit Sorgen, die Ihr Kind betreffen, an uns wenden. Aber auch Fortschritte und schöne Momente besprechen wir gerne mit Ihnen und freuen uns gemeinsam mit Ihnen. Gerade dann, wenn uns Kinder mit einem integrativen Hintergrund anvertraut werden, sind regelmäßige Gespräche und der Austausch über die Entwicklung des Kindes sehr wichtig. Wir sehen uns jedoch auch als professionelle Zuhörer bei Veränderungen oder Krisen. Wir wünschen uns eine respektvolle Basis mit Ihnen und sind bemüht diese zu pflegen.
1. Was wir unter Inklusion verstehen
1.1 Rechtliche Definition
In Artikel 4 der UN-Behindertenrechtskonvention, die ein Übereinkommen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen regelt, ist definiert, dass „die volle Verwirklichung aller Menschenrechte und Grundfreiheiten für alle Menschen mit Behinderungen ohne jede Diskriminierung aufgrund von Behinderung gewährleistet und gefördert wird. Die UN-Behindertenrechtskonvention enthält bezogen auf wirtschaftliche, soziale und kulturelle Realisierung u.a. folgende Rechte:
- das Recht auf Bildung (Artikel 13)
- das Recht auf angemessenen Lebensstandard (Artikel 11)
- das Recht auf Teilhabe am kulturellen Leben (Artikel 15)
In der Behindertenrechtskonvention geht es darum, allen Menschen mit Behinderung ein Leben in Normalität zu ermöglichen. Dies bedeutet, dass es Aufgabe der Gesellschaft ist, die Rechte von Menschen mit Behinderung zu wahren und das ihnen das gesellschaftliche Leben ermöglicht werden muss. Kinder mit Behinderung bedürfen eines besonderen Schutzes. Schon in der UN- Kinderrechtskonvention unter Artikel 23, wird das Recht des behinderten Kindes auf besondere Hilfe anerkannt und mit Artikel 7 Absatz 1 der UN-Behindertenrechtskonvention bekräftigt. „Zu den Grundsätzen der Behindertenrechtskonvention gehört nach ihrem Artikel 3 Buchstabe h die Achtung vor den sich entwickelnden Fähigkeiten von Kindern mit Behinderungen und die Achtung ihres Rechts auf Wahrung ihrer Identität. Zu den allgemeinen Verpflichtungen der Vertragsstaaten gehört nach Artikel 4 Abs. 3, dass die Vertragsstaaten bei der Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention enge Beteiligungen mit Menschen mit Behinderungen, einschließlich Kindern mit Behinderungen, über die sie vertretenden Organisationen führen und sie aktiv mit einbeziehen.“
Dies bedeutet für die Kindertagespflege, dass die Bundesrepublik Deutschland bemüht sein muss, ein gemeinsames Aufwachsen von behinderten und nicht behinderten Kindern anzustreben, denn alle Kinder sind gleich zu behandeln und kein Kind darf aufgrund seiner Behinderung benachteiligt werden.
Im SGB VIII heißt es unter Paragraph 22a Abs. 4 dazu: „Kinder mit und ohne Behinderung sollen, sofern der Hilfebedarf dies zulässt, in Gruppen gemeinsam gefördert werden. Zu diesem Zweck sollen die Träger der öffentlichen Jugendhilfe mit den Trägern der Sozialhilfe bei der Planung, konzeptionellen Ausgestaltung und Finanzierung des Angebotes zusammenarbeiten."
Wer also eine inklusive Gesellschaft will, muss schon in der Frühpädagogik Ausgrenzung verhindern. Inklusion sollte nicht erst in der Vorschule beginnen. Die Anerkennung der Würde eines Menschen beginnt nicht erst mit dem Beginn im Kindergarten, sondern mit seiner Geburt. Indem wir also aufhören Kinder aufgrund ihrer psychischen und physischen Voraussetzungen unterschiedlich zu behandeln, machen wir Schluss mit der Aussonderung und Isolation. Inklusion stellt dabei keinen Sonderstatus für Menschen mit Behinderung dar, sondern gewährleistet, dass sie gleichberechtigt aufwachsen können und ihre Menschenrechte und Grundfreiheiten genießen können.
2.2 Eigene Haltung
Während Säuglinge und Kleinkinder bis in die 1970er Jahre von der Entwicklungspsychologie als passive und hilflose Lebewesen angesehen wurden, weiß man heute, dass in den ersten drei Lebensjahren die wesentlichen Grundlagen für eine gelingende Bildungsbiographie gelegt werden und diese Phase die höchste Entwicklungsgeschwindigkeit aufweist und mit den schnellsten Entwicklungsveränderungen einhergeht.
In dieser entscheidenden Phase werden uns die Kinder zur Betreuung anvertraut und die Kindertagespflege nimmt damit einen wichtigen Stellenwert in der Entwicklung des Kindes ein. Wir wissen, dass Kinder mit den ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln, so z.B. durch Mimik, Gestik, Motorik und Vokalisation mit uns interagieren und damit direkt in ihr Entwicklungsgeschehen eingreifen. Wir als Betreuer nutzen dabei das Explorationsverhalten, also die angeborene Neugier des Kindes auf die Welt und machen es somit zum Co-Konstrukteur seiner Entwicklung. Das Kind bildet sich damit selbst.
Uns liegt viel daran, dass Kinder mit Behinderungen, in dieser für sie wichtigen Phase, von der Kindertagespflege nicht ausgegrenzt werden. Da alle Kinder, ob mit oder ohne Behinderung, laut der UN-Kinder- und Behindertenrechtskonvention über die gleichen Rechte verfügen, haben wir in der Vergangenheit sowie im Jetzt und in der Zukunft eine klare Haltung: Wir leben das „Wir“! Menschen mit Behinderungen erhalten bei uns die selbe Aufmerksamkeit für ihre Bedürfnisse, wie alle anderen auch. Wir behandeln jeden Menschen mit Respekt, egal welcher Religion oder Kultur er angehört, welche Meinung er vertritt oder ob er eine Behinderung hat. Wir sind tolerant und offen für andere Meinungen, sehen Unterschiede als Reichtum an und sind mit vollem Herzen bei der Betreuung dabei, sowie im Privatleben engagiert.
2. Pädagogische Arbeit und Ziele unter dem Aspekt Inklusion
Alle Bildungsbereiche die im Kinderbildungsgesetzes (KiBiz) der nordrheinwestfälischen Landesregierung verankert sind, sind uns ein Anliegen und untrennbar miteinander und mit unserem Alltag verbunden. Wir leben und vermitteln jeden Tag die Leidenschaft am Lernen. Das Buch indem wir lesen, ist ein genauso wichtiger Bestandteil, wie das Singen. Der Spaziergang, das Obst am Nachmittag und das Erkunden des Körpers (Bauch, Kopf, Nase) beim Bewegungsspiel oder den Bewegungsliedern – in jeder Situation die wir gestalten und erleben, findet man verschiedene Bildungsbereiche wieder. Wir regen die Kinder an und machen Angebote, jedoch ohne die Kinder zu überfordern oder zu überreizen.
2.1 Körper und Bewegung
Um allen Kindern, auch die mit Behinderungen, das Spielen zu ermöglichen, müssen wir die Bedürfnisse unserer Schützlinge erkennen und achten. Z.B. achten wir bei der Auswahl des Spielzeuges darauf, ob auch Kinder mit motorischen Einschränkungen es adaptieren können. Die Wahl eines Spielzeuges oder eines Spiels, sollte möglichst nicht zu einer Diskrepanz zwischen den Kindern führen. Spielen und Bewegung sollen die Selbstbestätigung, Motivation und Zufriedenheit der Kinder fördern. Deshalb haben wir uns gerne Tipps von einer Ergotherapeutin geholt, als wir ein Mädchen mit Trisomie 21 betreut haben. Darüber hinaus gibt es im Internet Anregungen für Spielideen für Kinder mit Behinderungen und Vereine, die integratives Spielen fördern und wo wir uns regelmäßig Anreize holen.
Zudem hat sich für uns eine Zusammenarbeit mit der Frühförderung der Stadt Köln sehr bewährt. In anonymen Gesprächen ist es jeder Zeit möglich, Hilfe und Unterstützung zu erfragen. Wir sehen die Zusammenarbeit und die Hilfestellung als große Bereicherung für uns und die uns anvertrauten Kinder an. Gerne stellen wir bei Anfragen den persönlichen Kontakt her. Wir sind offen in der Gestaltung unseres Tagesablaufes und geben gerne der Frühförderung, Ergotherapeuten, oder der/dem Logopäden die Möglichkeit, bei uns in den Räumen mit den Kindern zu arbeiten.
Das gemeinsame Spiel in integrativen Gruppen hat für ein Kind ohne Behinderung den Vorteil, dass es früh die Erfahrung macht, dass es Kinder gibt, die sich in ihrem Tempo und ihren Fähigkeiten von ihnen unterscheiden, aber trotzdem ein ebenso guter Spielpartner sein kann. Auf der anderen Seite lernen Kinder mit Behinderungen von den anderen durch Abgucken und Nachahmen, was sie in ihrer Entwicklung zu einer eigenständigen Persönlichkeit voran bringt.
2.2 Sprache und Kommunikation
Die Kommunikation ist allgegenwärtig und begleitet uns und die Kinder jeden Tag. Schon im Mutterleib haben Babys Sprache gehört und erkennen somit nach der Geburt die Stimme ihrer Mutter. Selbst die Allerkleinsten kommunizieren nonverbal. So gibt es z.B. auch beim Schreien eines Babys Unterschiede. Es kann schon früh die Lautstärke und Intensität bestimmen. Es macht außerdem durch unterschiedliche Glucks- und Gur-Laute auf sich aufmerksam und bereitet die Stimmbäder so auf ihre zukünftige Aufgabe vor. Und auch das Lächeln eines Kleinkindes ist eine Form der Artikulation. Es ist jedem von uns angeboren und selbst blinde Kinder lächeln, auch wenn sie nie eins gesehen haben.
Schon bei der Begrüßung eines Betreuungskindes am Morgen findet Sprache und Kommunikation statt. Egal ob beim Wickeln, Ankleiden, Essen, Basteln, beim Spaziergang, beim Anschauen von Büchern, beim Reimen, Singen oder Fingerspielen, das gesprochene Wort ist immer dabei. Bereits ab dem 4. Monat sind Babys in der Lage, die Lippenbewegungen und das gesprochene Wort mit einander zu verbinden. Beim Lernen neuer Wörter beobachten Kinder unsere Mundbewegungen und ahmen sie nach. Ein einziges Wort benötigt mehr als 70 Muskelbewegungen. Dass das neu gesprochene Wort nicht sofort fehlerfrei über die Lippen kommt, wundert dabei nicht. Übung macht den Meister. In unserem Fall sind es die Wiederholungen und deshalb begleiten wir unser Handeln und Tun mit Worten und dies fällt uns durch unsere kommunikative Art sehr leicht und wird von den Kindern sehr bewusst positiv aufgenommen. Auf spielerische Art motivieren wir unsere Schützlinge zum selber Sprechen, damit aus Brabbeln Sprache wird. Bei uns wird niemand verbessert, sondern das gesprochene Wort gerne wiederholt und bestätigt. Wir schauen die Kinder dabei an und machen notfalls auf unseren Mund aufmerksam, denn der McGurk-Effekt zeigt, wie wichtig die visuelle Information der Lippenbewegung für die Verarbeitung von Lauten im Gehirn ist. Wir sind offen für jede Art der Kommunikation und haben auch keine Berührungsängste uns weiter zu bilden. Mit dem Mädchen mit Downsyndrom z.B., haben wir uns anfangs mit Zeichensprache gut verständigt und würden dies bei Bedarf mit GUK (Abkürzung für Gebärden- unterstützte Kommunikation) intensivieren.
2.3 Natur- und Umweltbildung
Die Kinder und wir haben jeden Tag aufs Neue Freude daran, etwas auszuprobieren und zu entdecken. Die Natur und Umwelt sind für die Kinder unglaublich spannend und bieten unzählige Möglichkeiten, dem Entdeckerdrang der Kinder nach zu kommen. Wir schauen Seifenblasen beim Tanzen im Wind zu, sammeln Kastanien, Nüsse, Blätter und z.B. Eicheln und nutzen diese Materialien später zum Basteln. Planschen und Spielen (kippen, rühren, schäumen, färben) mit Wasser, sieben, formen und graben im Sand – es gibt so viel zu entdecken und wir als Betreuer ermöglichen und ermutigen nicht nur, sondern machen voller Elan mit.
Umweltbildung ist aber noch so viel mehr, als nur die Natur zu entdecken. So werden z.B. Einkäufe von uns in den Betreuungsalltag integriert. Indem wir die Kinder an typischen alltäglichen Abläufen teilnehmen lassen, schaffen wir für sie den Vorteil, dass sie den Sozialraum um die Tagespflege herum kennenlernen und sie machen automatisch beim Einkauf die Erfahrung, dass der Kühlschrank sich nicht von alleine füllt. Die Kinder lernen auf diese Weise nicht nur Zusammenhänge erkennen, sondern für sie stellen Botengänge, wie zur Post gehen, zum Bäcker oder Erledigungen auf dem Markt zu machen, große Lernerfahrungen dar, weil sie sich dabei mit Ungewohntem und Fremden vertraut machen.
3. Zusammenarbeit mit den Eltern
Als Tagesmütter sind wir neben den Eltern, wichtige Bezugspersonen für die Kinder. Wir verstehen unsere Arbeit daher als familienergänzend. Die Kinder verbringen viel Zeit bei uns und vertrauen und orientieren sich an uns. Gemeinsam mit den Eltern freuen wir uns über das erste herzhafte Lachen, den ersten Schritt, das erste Wort und über die erste Frage. Wir wünschen uns, eine kontinuierliche Bezugsperson für unsere Schützlinge darzustellen. Unser Ziel ist es, eine ausgeglichene, offene, verlässliche und respektvolle Erziehungspartnerschaft mit den Eltern einzugehen.
Eine auf Augenhöhe ausgelegte Zusammenarbeit, zwischen den Eltern und uns, als wichtige Bezugsperson für ihr Kind, ist unverzichtbar. Hierbei muss man auch nicht immer die selbe Meinung vertreten, aber gemeinsam mit einem vertrauensvollen Umgang zum Wohle des Kindes handeln können. Dazu gehört auch ein regelmäßiger Austausch über die Entwicklung und die Fortschritte der Kinder.
3.1 Tür- und Angelgespräche
Schon am Morgen in der Bringzeit findet ein erster Austausch zwischen uns und den Eltern statt. Für uns sind hierbei z.B. Informationen darüber wichtig, wie das Kind geschlafen hat oder wie der Start in den Tag war. Bei besonderer Müdigkeit oder auffälligem Verhalten besteht dann für uns die Möglichkeit, richtig auf das Verhalten des Kindes einzugehen. Genauso verhält es sich anders herum beim Abholen am Nachmittag. Kurze Informationen aus dem Alltag, ermöglichen es den Eltern angemessen zu regieren und sind somit unverzichtbar.
Bei Kindern mit einer Behinderung z.B. ist die Kondition oder Motorik oft von der Tagesform abhängig. Bewegungsabläufe, die gestern funktioniert haben, können einem Kind mit Behinderung am nächsten Tag wieder unheimlich schwer fallen. Dies führt oftmals beim Kind zu Frustration, weil es das nicht versteht. Wenn wir als Betreuer im Vorfeld von den Eltern über die Tagesform informiert werden, können wir unseren Tagesablauf, so z.B. das Spiel oder das Basteln, an die Tagesform des behinderten Kindes anpassen und so Frustration verhindern.